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ISBN 3-8334-0803-0; BoD, Norderstedt)
DER HEROLD
„Verehrte Gäste,
Bürgerinnen und Bürger Europas!
Die Oberste Regierung hat mich beauftragt,
hier zu verkünden,
was sich offiziell in diesem unseren Lande im Zeitraum
um die Jahrhundertwende
zugetragen hat!“
Die Trommlerin tritt auf
Und fängt zu trommeln an.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
„Es ist nun offensichtlich geworden,
dass sich die alten Feindseligkeiten
endgültig aufgelöst haben
und dass hiermit Europa
in voller Eintracht ihrer Völker leben kann.
Diktatorische Systemen und Planwirtschaft haben allerorts
Ausgedient
Und der freien Marktwirtschaft stehen alle Strassen frei!“
Die Trommlerin setzt fort
Und trommelt immer lauter.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
„Wir sind nunmehr eine friedliebende Gemeinschaft,
wie wir es im Grunde immer waren.
Der Grundstein für die Offizialisierung dieses Dogmas
Wurde bereits gelegt.
In Maastricht und in Schengen beriefen sich die Stammesältesten
Auf die Erfahrung und auf die Einwürfe derer,
die uns mit Rat und Tat seit Jahrzehnten beistehen
und uns beschützend die brüderliche Hand reichen.“
Die Trommlerin wird vorlaut,
überdeckt des Herolds Worte.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
„Bzzzt, Zischhh, Ihr Schwestern und, sssshhh, Brüder,
die Übertragung, Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm, lässt zu wünschen, buzzzzz, übrig.
Rrttt, fizzzz. Zum guten Schluss, sssshhhh,
trumm Trumm, wünscht sich die tätärää tä tä Regierung,
Trara, Trumm Trumm,
dass die Kirche buzzzz, fuzzzzz weiterhin im Dorf,
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm, bleibe!“
Die Trommlerin erst recht
Trommelt mit wildem Schlag.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
„Er packte den Kugelschreiber fest an und merkte, dass seine Finger dem Druck des Schreibers auf das Papier nicht mehr Stand hielten, das Kuli verneigte sich immer mehr, die Schrift wurde immer breiter, aus Kleinbuchstaben wurden Grossbuchstaben, alle nicht genau gezeichnet. Die Hand zitterte eigentlich nicht, wie er anfangs befürchtet hatte, sie griff nur nicht richtig, ließ sich vom Kuli lenken, das am unteren Ende immer länger wurde. Es war wie bei einer Séance, der Stift machte sich selbstständig und zeichnete was er wollte, mal Kreise, mal Linien, mal blieb er stehen.
Nach einigen Zeilen betrachtete Jens seine Schrift. Horror, so schreibt nicht mal ein koordinationsgestörtes Kind! Er merkte, dass jetzt der Inhalt des Schriftstückes eher uninteressant geworden war, er konzentrierte sich voll darauf, wie er einen beliebigen Text auf jenes Papier bringen konnte, so dass er seine eigenen Buchstaben später auch lesen können würde. Der Schreiber war jetzt einigermaßen im Griff, was die Neigung der Schrift anging, es war aber nach wie vor schwer, das Ende des Blattes zu entdecken und die Hand rechtzeitig zu stoppen. Das Ende der meisten Zeilen wurde auf dem Bettlaken geschrieben“
„Dann sehe ich es doch richtig, 20% Arbeitslosenquote statt blühender Landschaften und das fast dreizehn Jahre nach dem flotten Spruch. Bei 6 Millionen Arbeitslosen wurde Hitler gewählt. Sieht das niemand?“
Herbert ahnte, dass es immer brenzliger werden würde und fragte:
„Heute gibt es keinen Hitler, wie sollen sie ihn denn wählen?“
„Was weiß ich, irgend einen schlauen Deppen wird man schon finden, der lässt die richtigen Sprüche los und da haben wir den Mist wieder!“
„Jens, ist alles Scheiße, heute macht man Politik nicht mehr am Biertisch!“
„Stammtische, Biertische, wie du sie nennst, die kann man nicht abschaffen. Die sind der Nährboden für solche Kerle. Oder soll man die Biersteuer einführen?“
„Weich’ nicht vom Thema ab: heute kann nicht mehr jeder kommen und wilde Parolen von sich geben. Däubler-Gmelin, Möllemann, Hohmann, sagt dir das nichts? Die Leute sind vorsichtiger geworden.“
„Wortwahl wie bei der Stasi. Wenn der Masse eine Meinung, egal welche, aufgezwungen wird, dann kannst du nicht verlangen, dass sie auch das Denken einstellt. Gut, in den Zeitungen, auf der Arbeit, wer weiß sonst wo, werden sie schon aufpassen, aber die lassen dann die Sau raus, in kleinen Kreisen, am Stammtisch, im Verein. Die zieht dann völlig unkontrolliert durchs Land und plötzlich kommt einer, der genau hinhört, verpackt den Protest richtig, macht ihn salonfähig und dreht damit seine Runden.“
„In der Leitung hörte man jetzt störende Geräusche, die ganz plötzlich aufgetreten waren. Das Gespräch war nicht mehr so mühelos zu verstehen, als ob es langsamer laufen würde.
„Dann müssen sich die vom Fernsehen vertan haben, seit Tagen stehen Wolken und Regen auf der Wetterkarte, links oben… links oben…“
„Da ist England… England… England… gemeint, bestimmt, oder Holland. Belgien hat Zölle auf importiertes Wasser verhängt.“
„Immer der alte Spaßvogel… vogel… vogel… ! Na, dann will ich Sie nicht länger aufhalten, man hört auch so schlecht, als wär’s über Satellit. In einer Woche, sagten Sie, sind Sie wieder zu Hause?“
„Was hat er sonst erzählt, der Herbert?“
„Ganz vertrauliche Nachrichten, die werden wir erst heute abend erfahren. Konnte am Telefon nicht erzählen.“
„War er mit Bin Laden kegeln?“
„Es ist nicht zum Spaßen, Wanzen, versteckte Kameras…“
„Ja, die berühmte versteckte Kamera, die dich auf dem Klo aufnimmt. Wenn Männer nichts zu tun haben, dann werden sie alle zu Geheimagenten!“
„Und Frauen zu Klatschbasen.“
„Mag sein, ist aber nicht so lächerlich. Außerdem, wenn ihr noch was getrunken habt, dann plaudert ihr wunderbar alle Geheimnisse aus, dass Mata Hari neidisch würde!“
„Herbert war nüchtern“
„Soll ich jetzt Angst kriegen?“
Jens wusste keine passende Antwort. Er hatte ein unangenehmes Gefühl im Magen und die Lektüre der Zeitungen hatte es verschlimmert.“
„Er suchte sorgfältig das Bett nach Spuren ab, nach Lippenstiftflecken, Kondomen, Damenstrümpfen, so, nach dem üblichen Zeug. Er fand aber nichts. So beschloss er, den Mund zu halten: wenn jemand so perfekt, so professionell, handelt, dann muss es eine ganz gerissene Person sein, die Spitzel knallhart bestrafen kann. Er nahm sich vor, die Sache doch mit seinen Kollegen auf den anderen Stationen aufzunehmen, aber vorsichtig, bitte, sehr vorsichtig. Erst die anderen kommen lassen, dann eventuell ein Paar Bemerkungen fallen lassen.“
DIE TROMMLERIN
Die Menge drängt auf die Bürgersteige
Und schaut zu.
Niemand hat in der Zeitung gelesen,
was dort geschehen wird.
Mund zu Mund Propaganda.
Die Trommlerin im Schneidersitz
Begleitet das Unbekannte.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
Die Autos hupen,
weil die Strasse abgesperrt ist
und die Zeitung nicht darüber berichtet hatte.
Jemand hat einen Privatsender gerufen,
der Mann steht mit der Kamera in der ersten Reihe
und sieht nichts.
Feuerwehr und Polizei fragen sich gegenseitig,
warum sie dort sind.
Der Herold fühlt sich genötigt,
das fragende Volk aufzuklären.
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
die Oberste Regierung hat mich beauftragt,
Euch um eine Schweigeminute zu bitten.“
Die Trommlerin, enttäuscht,
zischt vernehmlich leise.
Psst Psstt, Psst Psst,
Psst Psst, Psstt, Psst.
Endlich erscheint die Müllabfuhr
Und räumt die Reste der Veranstaltung weg,
während der Fahrer des Müllwagens sich wundert,
warum nur seine Behörde
über das genaue Programm
informiert war.
Der Herold verabschiedet sich
Und verkündet:
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
die Oberste Regierung bedankt sich für die Aufmerksamkeit
und wünscht Ihnen weiterhin ein frohes Fest!“
Die Trommlerin räumt auf
Und trommelt lustlos wieder.
Trommelt das Lied vom Leben,
trommelt das Lied vom Tod.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm Trumm.
L’ARALDO
“Gentili ospiti,
Cittadine e Cittadini d’Europa!
Il Governo Supremo mi ha incaricato
di annunciare qui
cos’e successo ufficialmente
nel passaggio tra un millennio e l’ altro
in questo nostro Paese”
Esce la Tamburina,
comincia a tambureggiare.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm.
„Ormai e evidente
che le antiche inimicizie
si sono definitivamente dissolte
e che pertanto l’Europa
puo vivere nella piena concordia dei suoi Popoli.
Le dittature e l’economia pianificata hanno dappertutto
fatto il loro tempo
E tutte le strade sono aperte alla libera economia di mercato!”
La Tamburina continua
E tambureggia sempre piu forte.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm.
„Ora siamo una Comunita amante della pace,
come in fondo lo siamo sempre stati.
La prima pietra per l’ufficializzazione di questo dogma
E’ gia stata posta.
I capi tribú, a Maastricht ed a Schengen, si sono appoggiati
all’esperienza ed ai suggerimenti di chi
sta al nostro fianco da decenni con parole e con fatti
e, proteggendoci, ci porge una mano fraterna”
La Tamburina diventa prepotente,
copre le parole dell’araldo:
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm.
„Bzzzt, Zischhh, Sorelle e sssssshhh, Fratelli,
la trasmissione, Trumm, Trumm, Trara
Trara, Trumm, Trumm, lascia, buzzzzz, a desiderare.
Rrtttt, fizzzz. Come finale, sssshhhh,
Trumm, Trumm, desidera, Tatataaa Taa, Taa, il Governo
Trara, Trumm, Trumm,
che nessun cambiamento, buzzzz, fuzzzzz, straordinario, Trumm, Trumm, Trara,
Trara, Trumm, Trumm, avvenga!”
Adesso la Tamburina
Tambureggia con forza ossessiva.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm.
Trumm, Trumm Trara,
Trara, Trumm, Trumm.
„Prese saldamente in mano la biro e si rese conto che le sue dita non opponevano resistenza alla pressione della biro sul foglio, la biro si piegava sempre di piu, la scrittura si faceva sempre piu larga, minuscole divenivano maiuscole, non tutte erano disegnate correttamente. La mano non tremava, come aveva temuto all’inizio, non teneva bene la presa, si lasciava trasportare dalla biro, che, nella parte piu bassa, si allungava sempre piu. Era come in una seduta spiritica, la biro si muoveva da sé e disegnava cio che voleva, alle volte cerchi, alle volte linee, ogni tanto stava ferma.
Dopo aver scritto qualche riga, Jens guardo la sua scrittura. Che orrore, cosi non scrive nemmeno un bambino con problemi di coordinazione! Si rendeva conto che adesso il contenuto dello scritto era divenuto indifferente, si concentrava solo sul come mettere sulla carta un testo qualsiasi, cosi che poi avrebbe potuto leggere la sua scrittura. La penna, ora, l’ aveva in qualche modo in mano, per quanto riguarda la sua inclinazione, ma come prima era difficile scoprire l’orlo del foglio, fermare la mano in tempo. La fine della maggioranza delle righe veniva scritta sul lenzuolo.”
“Allora ho ragione, 20% di tasso di disoccupazione invece di paesaggi fiorenti, e questo ancora quasi 13 anni dopo quella bella frase. Con sei milioni di disoccupati fu eletto Hitler. Possibile che nessuno lo veda?”
Herbert aveva intuito, che la discussione si faceva sempre piu delicata e chiese:
“Oggi non c’e nessun Hitler, come lo potrebbero eleggere?”
“Che ne so io, si troverá un sempliciotto furbo che trova gli slogan giusti e cosí abbiamo di nuovo tutto il problema.”
“Jens, cretinate! Oggi non si fa piu politica in birreria!”
“Tavoli d’osteria, birrerie, come li vuoi chiamare, quelli non li puoi eliminare. Sono la linfa vitale per questa gente. O dobbiamo mettere una tassa sulla birra?”
“Non andare fuori tema: oggi non puo piu cominciare chiunque a diffondere slogan forti. Däubler-Gmelin, Möllemann, Hohmann, non ti dice niente? La gente e divenuta piu prudente.”
“Vocabolario da Stasi. Se alla gente si mette in testa un’opinione, una qualsiasi opinione, non puoi pretendere che smetta di pensare. Forse sui giornali, sul lavoro, chissá ancora dove, ma poi sbottano tra gli amici, all’osteria, al circolo. Poi quelle frasi fanno il giro del paese senza nessun controllo ed improvvisamente viene uno che ascolta con cura, impacchetta bene la protesta, la rende presentabile e cosi si fa i suoi giri.”
“Nella linea telefonica si udivano adesso rumori di disturbo, improvvisamente. Non si poteva piu seguire facilmente il discorso, come se tutto si fosse rallentato.
“Allora si devono essere sbagliati quelli della televisione, da giorni si vedono nuvole e piogge sulla carta del tempo, in alto a sinistra…in alto a sinistra…”
“Li c’e l’Inghilterra…Inghilterra…Inghilterra…, sicuro, o l’Olanda. Il Belgio ha imposto dazi sulle importazioni di acqua.”
“Sempre il solito buontempone…tempone…tempone! Allora non la voglio piu trattenere, si sente anche cosi male, come se fosse via satellite. Diceva che tra una settimana torna a casa?”
“E cosa ha raccontato ancora Herbert?”
“Notizie molto riservate, le sapremo appena questa sera. Non poteva parlare al telefono.”
“Era a giocare a bocce con Bin Laden?”
“Non c’e da scherzare, microspie, cineprese nascoste…”
“Si, la famosa cinepresa che ti riprende quando sei sul gabinetto. Quando voi uomini non avete niente da fare diventate tutti agenti segreti!”
“E voi donne diventate pettegole.”
“Sara, ma non e cosi ridicolo. Inoltre, se voi per di piu avete bevuto qualcosa, allora spifferate tutti i segreti, da far venire invidia a Mata Hari!”
“Herbert era sobrio.”
“Mi devo spaventare adesso?”
Jens non aveva nessuna risposta adatta. Aveva una sensazione spiacevole allo stomaco, che era peggiorata leggendo i giornali.”
“Ispezionó con cura il letto per cercare delle tracce, macchie di rossetto, preservativi, calze femminili, le solite cose. Non trovó nulla. Percio decise di starsene zitto: se qualcuno agisce in modo cosí perfetto, cosí professionale, deve essere una persona navigatissima, che puó punire duramente gli spioni. Si propose di parlarne con i suoi colleghi in altri reparti, ma con prudenza, con molta prudenza. Prima lasciar parlare gli altri, poi eventualmente fare qualche accenno alla cosa.”
LA TAMBURINA
La folla si accalca sui marciapiedi
e guarda.
Nessuno ha letto nel giornale
cosa avverrá li.
Telefono senza fili.
La Tamburina a gambe incrociate
accompagna la cosa sconosciuta.
Trumm Trumm, Trara,
Trara, Trumm Trumm.
Le automobili suonano
perché la strada e chiusa
e non era scritto nel giornale.
Qualcuno ha chiamato un’emittente privata,
l’uomo sta in prima fila con la cinepresa
e non vede niente.
Pompieri e Polizia si chiedono l’un l’altro
perché sono la.
L’Araldo si sente costretto
a spiegare al popolo che chiede.
“Care concittadine e concittadini,
il Governo Supremo mi ha incaricato
di pregarvi di osservare un minuto di silenzio”
La Tamburina, delusa,
sibila distintamente sottovoce.
Psst Psstt, Psst, Psst,
Psst Psst, Psstt, Psst.
Arriva alla fine la Nettezza Urbana
e porta via i resti della manifestazione,
mentre l’autista del camion si meraviglia
perché solo il suo reparto
era stato informato
sull’esatto programma.
L’Araldo si congeda
ed annuncia:
“Care concittadine e concittadini,
il Governo Supremo Vi ringrazia per l’attenzione
e Vi augura un buon proseguimento della festa”
La Tamburina impacca le sue cose
E tambureggia ancora senza entusiasmo.
Tambureggia la canzone della vita,
tambureggia la canzone della morte.
Trumm, Trumm Trara,
Trara Trumm Trumm.
Kritik
1. Ulrike Plessow
Leben wir als selbstbestimmte Bürger in einer Demokratie? Oder verbirgt sich hinter der demokratischen Oberfläche ein Ueberwachungsstaat, in de überkommene Werte nur noch in verzerrter Form bestehen? „Der Herold und die Trommlerin“ heisst der ungewöhnliche Roman von Julius Franzot, der den Leser voller Unbehagen zurücklässt.
Jens Schrader kehrt nach einer schweren Operation langsam wieder ins Leben zurück. Im Schwebezustand zwischen Traum und Realität hat er Visionen, die ihn 400 Jahre in die Vergangenheit zurückführen und den Religionskrieg als Soldaten erleben lassen. In Gesprächen mit dem – realen – Pflegepersonal im belgischen Krankenhaus kommt es zu einem spannenden Austausch über zeitgeschichtliche und tagespolitische Themen. Das durchgängige Motiv hierbei ist das Schaffen von Verbindungen und die Ueberwindung nationaler Grenzen.
Im spielerischen Wechselspiel zwischen Prosa und Lyrik (auf allegorischer Ebene werden unbequeme Wahrheiten von der „Trommlerin“ in Gedichtform kommentiert), tritt immer deutlicher die Wahrheit ans Licht: Geschichte wiederholt sich, der anständige Bürger wird an der Nase herumgeführt, Korruption und Betrug triumphieren gegenüber der Ehrlichkeit. Durch die Freundschaft mit dem kritischen dpa-Journalisten Herbert begreift Jens, dass unsere heutige Gesellschaft einer totalen Ueberwachung unterliegt und dass ein Agentennetz jederzeit in der Lage ist, „Aufmüpfige“ ausser Gefecht zu setzen. Eine geheimnisvolle „Oberste Regierung“ kontrolliert das Volk und lässt sie wie Marionetten tanzen. Spätestens mit der Rückkehr nach Hause muss Jens feststellen, dass die schlimmsten Ahnungen noch nicht einmal an die Realität heranreichen.
Ein beunruhigender Roman, der den Leser mit den Unzulänglichkeiten der heutigen Gesellschaft konfrontiert. Auf Brecht’schen Weise literarisch herausragend verarbeitet.
Ulrike Plessow, BoD, Norderstedt, April 2004
2. Erika M. Vida und Renate Wolf: Eine Verurteilung aller Totalitarismen und Diktaturen
„Wer hat Angst vor Julius Franzot?“ fragt man sich – in Anspielung an den Titel der bekannten Komödie von Edward Albee – wenn man sich in die Lektüre einer der neuesten Werke des deutsch-italienischen Schriftstellers vertieft.
„Der Herold und die Trommlerin“ ist ein Roman, vielleicht eher ein Essay-Roman nach Art von Kundera, anspruchsvoll und dicht, mit deutlichen politischen und fantapolitischen Einwürfen, reich an historischen und literarischen Bezügen, an ironischen Andeutungen, an Ikonen und Symbolen, im Wirrwarr der sich überlappenden Emotionen, der Gespenster, der Wahnsinnsepisoden der persönlichen Metapher des Helden, Jens, der nach einer überstandenen OP mit Vollnarkose noch im Krankenhaus liegt. Lyrik und Prosa wechseln sich ab, auf Brecht’scher Weise, ganz nach dem Geschmack des Autors, in einem ständigen – vielleicht unbeabsichtigten, aber gerade deswegen hervorragenden – Wechselbad zwischen klarem Bewusstsein und Bewusstlosigkeit.
Trotzt der manchmal diffizilen Thematik lohnt es sich, das Buch in die Hand zu nehmen und es ist schade, dass noch nicht an eine italienische Übersetzung gedacht wurde.
Es ist kein leichtes Unterfangen, die echten Aussagen substanzstarker literarischer Texte herauszufinden, vor allem, wenn sich diese einer allegorischen und surrealistischen Sprache bedienen und deren Handlungen kryptische und verdeckte Inhalte aufweisen, insbesondere wenn es dabei um eine vom Gedankenfluss getragene Schreibweise handelt. Zum Beispiel denke man hier an Woolfs „Fahrt zum Lichtturm“, an Joyces „Dedalus“ oder an die Neuerscheinung von Claudio Magris „Blindlings“.
Zum besseren Verständnis solcher Werke ist es ratsam, zuerst den Anfang in Angriff zu nehmen, zuerst den Autor, dann den Titel, dann sogar das Couvert. Bei „Der Herold und die Trommlerin“ stehen auf der ersten Umschlagsseite die surrealen und einprägsamen Darstellungen vom Herold und von der Trommlerin. Es sind Abbildungen zweier Ölbilder vom Franzots verstorbenen Stiefvater, Heinz Seeber, eines bekannten, deutschen Malers, der die letzten Jahre seines Lebens in Sistiana bei Triest verbrachte. Der Herold, das Sprachrohr der Macht, ist der gesichtslose Maskenträger (er besitzt keine eigene Persönlichkeit, hat keine eigene Meinung), der Amputierte (hier handelt es sich um ein amputiertes Bein, gemeint sind aber auch ein amputiertes Gehirn, eine Seele, einen Verstand, ein eigenes Weltbild), der der brutalen Gewalt Geweihte (die ins Erdreich hineingeschlagene Lanze, die verschmähte Männlichkeit), der Diener des amtierenden Machthabers, der mit dem gesunden, aber bereits mit Blut befleckten, Bein versucht, die Schlange (das Unbewusste, die Energie, die Wandlung, die Neugeburt, in diesem Fall die Kollektive, aber auch die Zyklen der Geschichte) zu erdrücken. Die Trommlerin (eine klare und farbenfrohe, naive Gestalt mit offenem Gesicht, die sich mit ihren festen, fast zu festen, Beinen auf die Erde stützt, wie es der gesunde Menschenverstand tut) und die Schlange tragen die selbe Signatur: sie sind die Darstellung des kollektiven Es, welches, mit seiner archaischen, instinktiven Weisheit oft genug in der Geschichte den Protest des Volkes angezündet hat, unverhoffte, unentbehrliche, segensreiche Sehnsucht nach Natur und Gerechtigkeit.
Von der Französischen Revolution bis zur italienischen „Resistenza“. Alles gerechte Massenbewegungen, die im Buch symbolisch ihren Niederschlag im träumerisch nachempfundenen Aufstand der protestantischen Flamen gegen die harte katholische Besatzung, die von Kaiser Philipp II dem Herzog von Alba anvertraut wurde (1573), finden. Die Niederlande hatten bis zur Abdankung Karls II einen weit reichenden Autonomie-Status genossen, als sie unter die Herrschaft des spanischen Zweigs der Habsburger, dem Philipp II angehörte, gerieten, gerade während der Zeit der Ausbreitung des Protestantismus in jener calvinistischen Version, die dem arbeitsamen flämischen Bürgertum so behagte. Der neue Herrscher führte 1565 das Inquisitionsgericht ein und der spanische Gouverneur, der Herzog von Alba, begründete 1567 eine Militärdiktatur mit der Einsetzung von Sondergerichten (dem Brüsseler „Blutiger Rat“) und ordnete die Enthauptung der zwei prominentesten flämischen Adliger an, der Grafen Egmont und Hoorn. Die Protestanten rebellierten unter der Führung von Wilhelm von Oranien und führten mit der Utrecht’schen Union (1579) die Entstehung der Niederlande herbei, während die katholischen Gebiete, die Spanien die Treue gehalten hatten, zum Kernland des heutigen Belgien wurden. Diese historischen Ereignisse wurden in der Kunst u.a. von Donizetti („Der Herzog von Alba“) und von Beethoven („Egmont-Overtüre“) verewigt.
Auch der Wahl Brüssels als Schauplatz des Romans kommt eine symbolische Bedeutung zu. Diese Stadt ist heute Sitz der Kommission der Europäischen Union und des NATO-Hauptquartiers in Europa; in der Vergangenheit war sie Austragungsort blutiger Religionskriege. Das Brüsseler Krankenhaus, wo der Held des Romans, Jens, im Bett liegt und gegen die Nachwirkungen einer Vollnarkose wegen einer Herzoperation kämpft, steht gerade auf dem Areal des ehemaligen Feldlazaretts und des Gefangenenlagers aus der Zeit des Herzogs von Alba.
Der postoperative Verlauf Jens’ ist mit einer solchen Realitätsnähe beschrieben, dass man unschwer erkennt, dass es sich um eine vom Autor selbst erlebte und erlittene Situation handeln muss. Trotzt der Krankenhausumgebung, in der sich breite Teile des Romans abspielen, liegt es dem Autor sehr fern, sich selbst zu bemitleiden; stattdessen führt er stets eine nüchterne, schneidende Analyse fort, die zwischen Ironie und Groteske balanciert, wobei gelegentlich Erinnerungen an Böll wach werden. Der Abschied zwischen Jens und seiner Frau Pamela an der Türe zum OP-Saal ist ein sehr authentisches Stück: sie winkt ihm mit einem kleinem Donald Duck zu, einem Glücksbringer des Paares.
Das gehasste Krankenhaus, wie die Schule in Hesses Unterm Rad, wie das Gericht in Kafkas Prozess, ist das ideale Gebäude, um einen totalitären Staat zu veranschaulichen. Es vermittelt den Gesamteindruck einer gut geschmierten und kontrollierten Maschinerie, wo die Besitzer der Macht, die Halbgötter in Weiß, die selbstherrlich über Leben und Tod Anderer entscheiden, die Information manipulieren und verschleiern mittels gefügiger Funktionäre, Handlanger, Untertanen (Pfleger und Krankenschwester), die mit winzigen Privilegien und kleinen sadistischen Machtinstrumenten ausgestattet, die Pläne der etablierten Macht gegen den Schwächeren (Untertan – Patient) unterstützen. Zu diesem Thema besticht das Bild des Schachspiels zwischen Krankenschwester und Patient: der Patient gewinnt, gerade weil er nie die Spielregeln und Taktiken methodisch gelernt hat. Es ist der Sieg der Intuition und der Gesetzlosigkeit, die der Natur und des Volkes über die Diktatur.
Während Jens das Bett zwischen Schläuchen und Infusionen hüten muss, reist er schwebend, mal fröhlich, mal schwermütig, aber stets mit einem ironischen Unterton, durch die Geschichte der letzten Jahrhunderte, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dabei helfen ihm sowohl die Besonderheit des Ortes seines Aufenthalts, des Krankenhauses, als auch seine eigene Überzeugung, dass alles was gewesen ist, ist und sein wird, nicht ins Nichts verschwindet, sondern in der Natur verbleibt, in einer unbekannten Dimension, die sich nur unter ganz besonderen Umständen den Menschen offenbart. Die Reise durch die Zeit ist eine schwierige literarische Übung, die hier gut gelungen ist. Man findet sie bereits in experimentellen Romanen des 20. Jahrhunderts, ausgehend von Virginia Woolfs „Orlando“, aber, während für den englischen Roman jenes „Kommen und Gehen“ zwischen den Dimensionen eher ein Divertissement war, darauf abzielte, über die strenge Rollenaufteilung beim Zusammenleben herzuziehen und in einen stürmischen wie raffinierten Liebesbrief an Vita Sackville West gipfelte, beschreibt Franzot keine Vergnügungsreise, sondern einen politisch-didaktischen Weg. Man bewegt sich zwischen Vergangenheit und Gegenwart, von der Wahl Rudolfs von Habsburg im XIII Jahrhundert zu der von G.W. Bush in den USA, vom protestantischen Freiheitskampf in den Niederlanden zum Dreißigjährigen Krieg, zum Krieg im Irak und zum Terrorismus, von den Intrigen der deutschen Lokalpolitik zu denen zwischen Berlusconi, dem „Bezirzer“, und Bossi, von Hitler bis zur Mauerfall und zu den Hoffnungen auf einen grenzlosen Wohlstand seitens der neuen Bundesbürger, um letztendlich zu entdecken, dass sich nichts geändert hat und dass sich nichts ändern wird, selbst wenn die Erinnerungen an Schengen und Maastricht verblassen werden. Die Politiker werden die Trompete des Herolds weiter ertönen lassen, die Wähler weiter betrügen, das Volk weiter desinformieren, wie es auch die Nazis taten, als man im Rundfunk noch vom Endsieg faselte, während das Volk verhungerte und die Städte in Trümmern lagen (s. „Es hagelt auf Westfalen“). Wie die Atombombe. Wie der Wiederaufbau am Vajont, der Krieg in Bosnien, Tschernobyl, die Kursk, Parmalat, der Euro, der Susa-Tunnel. Alles in Butter!
Der Herold und die Trommlerin, in der Fortsetzung der Tradition von Orwells 1984 und Fahrenheit 451, ist im Grunde genommen eine Anklageschrift gegen alle totalitären und diktatorischen Systeme, insbesondere gegen solche, die auf eine Manipulation des Denkens abzielen. Es ist auch eine Hymne an die Freiheit der Persönlichkeitsentfaltung, an die individuellen Eigenarten, an das Recht des Einzelnen, sich selbst treu zu bleiben. Man kann es auch als hochaktuelle Kampfschrift gegen die kollektive Normierung ansehen, die heutzutage unter vielleicht verschleierten, aber gerade deshalb besonders heimtückischen Aspekten, Orwells Big Brother in unseren Alltag gebracht hat.
Erika M. Vida und Renate Wolf, Trieste Arte&Cultura, Dezember 2005
3. Hans Bäck
„Der Herold und die Trommlerin“ ist ein bedrückender Roman, der mit lyrischen Einsprengseln den Leser in eine gar nicht so ferne Welt des europäischen Brüssel entführt. Dabei gelingt es dem Autor, den Leser in die Irre zu führen: Man wähnt sich in der Gegenwart, im realen Brüsseler Geschehen, bis man plötzlich drauf kommt: Hier wird ein Spiel gespielt, im Roman, aber auch mit dem Leser und man ist in einer neuen, anderen Realität angekommen. Diese ist so grausam, so unglaublich, dass es schon fast wieder den tatsächlichen Zuständen und Verhältnissen verdammt nahe kommt. Der Autor lockt uns auf anscheinende Irrwege, die sich aber sehr bald als unvorstellbar real herausstellen. Auch wenn eine „heiße“ Liebesnacht in einem Krankenhauszimmer nicht gerade das ist, was man sich als unbedingte Realität vorstellt, ist hier eine Wirklichkeit dahinter, die schaudern macht (trotz oder gerade wegen der „heißen“ Liebesnacht). Abhöranlagen, Morde, nichts erspart uns der Autor. Man könnte meinen, in dieser Dichte und Fülle ist es unglaublich, was hier auf den nicht einmal 150 Seiten passiert und gerade deswegen legt man das Buch mit einer Beklemmung aus der Hand. Danach zur Tagesordnung überzugehen, ist schwierig.
Eine Sprache verwendet der Autor, die den handelnden Personen exakt angepasst ist. So, wie er seine Protagonisten reden lässt, ja, so redet eine flämische Krankenschwester (auch wenn sich später herausstellt, dass sie eigentlich ganz anderer Provenienz ist), so reden die Redakteure untereinander, das ist genau und stimmig.
Rundum ein sehr gelungenes Buch, das – wie gesagt – betroffen macht und: Wenn man am nächsten Morgen eine internationale Zeitung aufschlägt, sucht man nach Hinweisen, auf das, was man am Vorabend las.
Problematisch ist die Lektorierung des Buches, da fehlt es leider an der Genauigkeit, die der Autor im Text und in der Personencharakteristik aufwendete. Das Buch hätte dabei mehr Sorgfalt verdient.
Hans Bäck, Europa Literaturkreis Kapfenberg, 2009
Critica
1. Ulrike Plessow
Viviamo come cittadini liberi nelle nostre decisioni in una democrazia? O, sotto la superficie democratica si nasconde uno Stato controllore, in cui i valori consolidati esistono solo in forma deformata? „L‘ Araldo e la Tamburina“ è il titolo di questo romanzo particolare di Julius Franzot, che lascia il lettore pieno di perplessità.
Jens Schrader ritorna lentamente alla vita normale dopo un‘ operazione difficile. Sospeso tra sogno e realtà ha visioni che lo portano indietro di 400 anni e gli fanno vivere da soldato la guerra di religione. Nel corso di dialoghi con il personale dell‘ ospedale belga – questa volta reale – si giunge a conversazioni stimolanti su temi della storia contemporanea e della politica quotidiana. Il motivo conduttore di questi è la creazione di comunicazioni ed il superamento dei confini degli Stati Nazionali.
In uno scambio ludico tra prosa e poesia (sul piano allegorico, verità scomode vengono commentate in versi dalla „Tamburina“), la verità si fa sempre più strada: la storia si ripete, il cittadino onesto viene preso in giro, corruzione ed imbroglio prevalgono sull‘ onestà. Attraverso l‘ amicizia con il -piuttosto critico – giornalista della dpa, Herbert, Jens comprende che la nostra società attuale è sottoposta ad un controllo totale e che una rete di agenti è in grado in ogni momento di mettere fuori combattimento i „ribelli“. Un misterioso „Governo Supremo“ controlla il Popolo e lo fa ballare come burattini. Al più tardi con il suo ritorno a casa, Jens deve rendersi conto che i peggiori presagi non sfiorano nemmeno ciò che è la realtà.
Un romanzo inquietante, che confronta il lettore con le limitazioni della società di oggi. Elaborato letterariamente in modo eccellente, alla maniera di Brecht.
Ulrike Plessow, BoD,
Norderstedt, Aprile 2004
Trieste Arte&Cultura, dicembre 2005
Una condanna di tutti i totalitarismi e le dittature
L’ Araldo e la Tamburina
Romanzo in lingua tedesca dello scrittore triestino Julius Franzot
Erika M. Vida e Renate Wolf
“Chi ha paura di Julius Franzot?” viene da chiedersi – parodiando il titolo della famosa commedia di Edward Albee – mentre ci si addentra nella lettura di una delle ultime creature dello scrittore italo-tedesco.
Der Herold und die Trommlerin (L’Araldo e la Tamburina) è un romanzo, o forse meglio un saggio-romanzo alla maniera di Kundera, impegnativo e denso, dai connotati fortemente politici e fanta-politici, ricco di notizie storiche, di riferimenti letterari, di ironici sottintesi, di icone e di simboli, nel dedalo delle emozioni confuse, di fantasmi, delle follie e metafore personali del protagonista Jens, ospedalizzato e reduce di un’ anestesia generale. Il tutto in un’ alternanza di prosa e poesia nello stile brechtiano, amato dall’ autore, e in un continuo – forse involontario, ma proprio per questo ottimo – flusso di coscienza. Per di più in lingua tedesca.
Certo, c’è di che spaventarsi. Vale però davvero la pena, per chi padroneggia quella lingua, di prendere in mano questo libro ed è un vero peccato che non si sia ancora pensato a una traduzione in italiano.
Interpretare, cogliere – almeno in parte- il significato di testi letterari di sostanza, allegorici e surreali, saturi di significati anche criptici, seppur talvolta romanzati, non è facile, soprattutto quando si tratta di scrittura mentale. Per intenderci, si pensi a Gita al faro della Woolf, a Dedalus di Joyce o al recente Alla cieca di Magris.
In questi casi, per capirci qualcosa, è utile cominciare dall’ inizio. Dall’ autore, dal titolo, persino dalla copertina. Su quella di Der Herold und die Trommlerin si trovano le rappresentazioni surreali di grande incisività dell’ araldo (der Herold) e della tamburina (die Trommlerin). Sono fotografie di due olii del patrigno di Julius Franzot, Heinz Seeber, scomparso pittore tedesco piuttosto noto che visse a Sistiana. L’ araldo ovvero il portavoce del potere è il mascherato senza volto (senza una propria personalità, senza proprie convinzioni), l’ amputato (qui della gamba, ma invero della mente, dell’ animo, della capacità di discernere e di avere proprie opinioni), l’ ancorato alla forza bruta (la lancia conficcata nel terreno, la virilità umiliata) al servizio del padrone di turno, che con la gamba sana, ma già insanguinata, tenta di schiacciare il serpente (l’ inconscio, l’ energia, il mutamento, la rigenerazione – collettiva in questo caso). La tamburina (limpida e colorata, ingenua figurina a viso scoperto, dalle gambe fin troppo solide e ben piantate a terra, però, com’è proprio della gente comune) e il serpente schiacciato coincidono, sono la rappresentazione diversa ma eguale dell’ Es della collettività, che con la propria saggezza primordiale, istintiva, si fa e si è fatta molte volte nella storia, insperata, indispensabile, benedetta protesta di popolo, richiamo istintivo allo spirito di natura, di giustizia.
Dalla Rivoluzione Francese alla Resistenza.
Sacrosante insurrezioni di massa cui allude, nel libro, una volta per tutte, il puntuale ma onirico riferimento storico alla rivolta (1573) dei fiamminghi protestanti contro la durissima occupazione spagnola centralista e cattolica affidata da Filippo II al Duca d’ Alba.
I Paesi Bassi, infatti, avevano goduto ampia autonomia sino all’ abdicazione di Carlo V, anno in cui passarono al ramo spagnolo degli Asburgo rappresentato da Filippo II, proprio nel momento in cui si stava qui diffondendo il Protestantesimo, nella versione calvinista, che tanto si confaceva all’ operosa borghesia fiamminga. Il nuovo sovrano introdusse nel 1565 l’ Inquisizione e il governatore spagnolo, il Duca d’ Alba appunto, instaurò nel 1567 una dittatura militare con l’ istituzione di tribunali speciali (il “Consiglio Sanguinario” di Bruxelles), ordinando la decapitazione dei due nobili fiamminghi più rappresentativi, il conte d’ Egmont e Hoorn. I protestanti insorsero, capeggiati da Guglielmo d’ Orange e alla conseguente Unione di Utrecht (1579) si deve la nascita dei Paesi Bassi (mentre le Province cattoliche che restarono fedeli alla Spagna diverranno l’ odierno Belgio). Sulla vicenda Donizetti musicò un’ opera lirica (“Il Duca d’ Alba”), mentre Beethoven dedicò una Ouverture all’ eroica figura del conte d’ Egmont.
Anche la scelta di Bruxelles come teatro del romanzo ha un alto significato simbolico. La città, nel presente, è sede del Consiglio dell’ Unione Europea e sede politica della NATO; nel passato è stata il centro di sanguinose lotte di religione (l’ ospedale di Bruxelles dove Jens, il protagonista dai tratti spiccatamente autobiografici, giace in un letto – coi postumi della sbornia da anestesia per un’ operazione al cuore – sorge sinistramente proprio sull’ area del lazzaretto militare e campo di prigionia dell’ epoca del Duca d’ Alba), nel futuro la città sarà forse designata, insieme a Strasburgo, a capitale dell’ Unione.
Dalla realistica intensità con cui è descritto il decorso post-operatorio di Jens si arguisce che deve trattarsi di un’ esperienza effettivamente vissuta – e patita, nel senso più intimo del termine – dallo scrittore triestino. Nonostante l’ argomento, o meglio lo spunto situazionale medical-ospedaliero, l’ autore evita come la peste qualsiasi cedimento al lacrimevole, all’ autocompiacimento, proponendo invece un’ analisi sempre lucida, affilata , di un’ ironia al limite del grottesco, che può ricordare Böll. Autentico, ad esempio, il congedo attraverso un piccolo paperino, antico portafortuna della coppia, da parte della moglie di Jens, Pamela, al consorte che si avvia verso la sala operatoria. L’ odiato ospedale, d’ altra parte, è l’ istituzione che forse meglio s’ attaglia (come la scuola per Hermann Hesse in Sotto la ruota, come il palazzo di giustizia per Kafka ne Il processo) a suggerire l’ idea dello Stato totalitario, dell’ ingranaggio oliato e controllato, dove i detentori del potere, i semidei vestiti di bianco, signori incontrastati della vita e della morte altrui, possiedono, manipolano e occultano l’ informazione attraverso funzionari, portaborse, vassalli (gli infermieri/e) compiacenti e asserviti mediante meschini privilegi e piccole sadiche smanie di autorità a discapito del soggetto debole (il suddito-malato). Bella, in tal senso, l’ immagine della partita a scacchi tra paziente e infermiera, dove il primo vince proprio perché non ha mai imparato le regole del gioco in maniera meccanica e rigida. E’ la vittoria del genio e sregolatezza, della spontaneità, della natura, del popolo sulla dittatura.
Mentre è costretto a letto tra cateteri e flebo, Jens viaggia semi-consapevole e con spirito ora leggero ora greve, ma sempre ironico, attraverso secoli di storia, tra passato, presente e futuro, complice anche la particolarità del luogo dove sorge l’ ospedale e la personale convinzione che tutto ciò che è stato, che è e che sarà, non svanisce nel nulla, ma rimane nella natura, in una dimensione sconosciuta di norma all’ uomo, se non in occasioni di rara eccezionalità.
Quello del viaggio attraverso i tempi è un difficile artificio letterario, qui peraltro ben riuscito, già sfruttato da altri, soprattutto nel romanzo sperimentale del Novecento. Caposcuola è Orlando di Virginia Woolf, ma mentre nel caso del romanzo inglese quell’ andirivieni era un “divertimento” sulla caducità degli stretti ruoli imposti dalla vita comune e una vorticosa e raffinata lettera d’ amore indirizzata a Vita Sackville West, in quello di Franzot non è un viaggio di piacere o di piaceri, ma politico-didattico. Si va e si viene dal passato e dal presente, dall’ elezione di Rodolfo d’ Asburgo al vertice del sacro Romano Impero nel XIII secolo, a quelle di Bush in America, dalla lotta protestante nei Paesi Bassi, dalla guerra dei Trent’anni a quella in Iraq e al terrorismo, dagli intrighi di palazzo tra i politici tedeschi a livello locale a quelli tra Berlusconi, l’ incantatore, e Bossi, da Hitler alla caduta del muro di Berlino e alle illusioni di incondizionato benessere da parte di quelli della Germania dell’ Est, per scoprire infine che niente è cambiato e che niente cambierà (il serpente), anche nel futuro prossimo quando sarà sparito il ricordo di Schengen e di Maastricht. I politici continueranno a far suonare la tromba all’ araldo, ad imbrogliare la gente, a disinformare il popolo, come i nazisti che alla radio parlavano ancora di vittoria finale mentre la gente moriva di fame e delle case restavano solo macerie (lirica Grandina sulla Westfalia). Come l’ atomica. Come il Vietnam. Come il Vajont. Come la Bosnia. Come Cernobyl. Come il Kursk. Come la Parmalat. Come l’ euro. Come il traforo della Val Susa. Tutto va ben, madama la marchesa.
In sintesi, l’ araldo e la tamburina – forse ispirandosi a testi ormai storici come 1984 di Orwell e Fahrenheit 451 di Bradbury – è una condanna di tutti i totalitarismi e le dittature, specie quelle mentali, le più pericolose. E’ un inno alla libertà personale e alle diversità, al diritto di ciascuno ad essere semplicemente ciò che è. Un attualissimo manifesto di lotta all’ omologazione collettiva, in tempi come questi, in cui – in forme forse inaspettate, ma non per questo meno insidiose – il Grande Fratello di Orwell è divenuto quotidiana realtà.
L’Araldo e la Tamburina è un romanzo di grande impatto emotivo che, tra prosa ed episodi lirici, trasporta il lettore in un mondo nemmeno troppo lontano: quello della Bruxelles europea. L’autore riesce a ingannare il lettore. Sembra di trovarsi nel presente, tra gli avvenimenti di una Bruxelles reale, finché non ci si accorge improvvisamente che qui si gioca una finzione, nel romanzo come pure nel lettore: si entra in una nuova, diversa realtà. Questa è così cruda e incredibile da avvicinarsi nuovamente ai fatti e alle situazioni del mondo di oggi. L’autore ci attira su deviazioni apparentemente assurde, che ben presto, però, dimostrano di essere incredibilmente realistiche. Anche se una calda notte di sesso in una stanza d’ospedale non è esattamente ciò che ci s’immagina possa corrispondere alla realtà, dietro a questa immagine la realtà si trova, una realtà che fa rabbrividire (nonostante, o proprio a causa della calda notte di sesso). Intercettazioni, assassinii, l’autore non ci risparmia nulla. Ci si meraviglia di quante cose accadono in nemmeno 150 pagine e proprio per questo ci si sente un po’ angustiati quando si ripone il libro. é difficile ritornare subito alla quotidianità!
L’autore si serve di una lingua esattamente adattata ai personaggi. Li fa parlare come nella vita reale: proprio così si esprimerebbe un’infermiera fiamminga (anche se poi risulta che proveniva da tutt’altri luoghi), così parlano tra di loro i redattori, la lingua è precisa e appropriata.
In ogni senso si tratta di un libro riuscito che, come già detto, coinvolge e, quando la mattina dopo si apre un quotidiano internazionale, si è tentati di cercare riferimenti su quello che si è letto la sera prima. La revisione delle bozze del testo non è purtroppo all’altezza della precisione impiegata dall’autore nel testo e nella caratterizzazione dei personaggi. Il libro avrebbe meritato una revisione di bozze più accurata.
(Hans Bäck, Europa Literaturkreis Kapfenberg, 2009)